BrancheCannabisHEYDAY in der Welt am Sonntag

10. März 2021
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NORDRHEIN-WESTFALEN MEDIZINISCHES CANNABIS

Hanf aus dem Tresor

Heyday bezieht seinen Rohstoff von speziellen Cannabis-Plantagen in den Niederlanden und in Portugal
HEYDAY bezieht seinen Rohstoff von speziellen Cannabis-Plantagen in den Niederlanden und in Portugal
Quelle: HEYDAY AG

Im Geschäft mit medizinischem Cannabis mischen Gründer aus NRW mit. Allerdings nur beim Handel. Weil in Deutschland der Anbau strikt geregelt ist, setzen die meisten Händler auf Bezugsquellen im Ausland.

An das Herzstück des Cannabis-Händlers HEYDAY am Niederrhein gelangt man nur durch eine Panzertür. Die hat mit 1600 Kilo ungefähr das Gewicht eines VW Golf und schützt das neue Zentrallager. In dem mit Stahlplatten ausgekleideten Bunker wurden 12.000 Liter Stahlbeton verbaut, die Alarmanlage ist direkt mit der nächsten Polizeistation verbunden. „Als wir einmal Fehlalarm hatten, standen kurz danach schwer bewaffnete Polizisten vor dem Gebäude“, berichtet Stephan Kramer, Vorstand des 2019 gegründeten Pharmagroßhändlers.

HEYDAY ist eines von 80 bis 90 Unternehmen, die sich in Deutschland auf medizinisches Cannabis spezialisiert haben. Legale Geschäfte mit dieser Hanfpflanze, die schon lange als „Gras“, „Hasch“ oder Extrakt als illegales Rauschmittel konsumiert wird, sind in Deutschland erst seit 2017 möglich. Seitdem dürfen Apotheken Cannabis-Blüten und cannabinoidhaltige Arzneimittel an Patienten abgeben, wenn diese ein Rezept vorweisen können.

Kramer hatte nach einer Banklehre und einem Wirtschaftsstudium erste Berufserfahrungen bei einem Onlinehandel für Handwerker gesammelt
Kramer hatte nach einer Banklehre und einem Wirtschaftsstudium erste Berufserfahrungen
bei einem Onlinehandel für Handwerker gesammelt
Quelle: HEYDAY AG

Die Aufnahme der getrockneten Blüten über eine Art Verdampfer oder in Tropfenform wird etwa zur Schmerzlinderung bei Krebs, Migräne oder auch gegen Depressionen verschrieben. Seit der behördlich streng reglementierten Zulassung kam es zu einer Art Goldrausch in Sachen Cannabis. Den hatten zunächst vor allem kanadische Firmen befeuert, die in Deutschland Töchter gründeten. Denn in Kanada ist medizinisches Cannabis wie in Uruguay schon länger erlaubt und wird auch in großen Mengen angebaut.

Investorengelder im dreistelligen Millionenbereich

Ende 2016 wurde dann in Köln das Unternehmen Cannamedical gegründet, mittlerweile deckt die Firma nach eigenen Angaben etwa ein Viertel des deutschen Marktes ab. Die Kölner sind eines von sechs Cannabis-Unternehmen, in die laut der Unternehmensberatung Ernst & Young im vergangenen Jahr 55 Millionen Euro an Investorengeldern flossen. Insgesamt hat Cannamedical nach eigenen Angaben bereits 160 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt, um weiteres Wachstum zu finanzieren.

HEYDAY-Gründer Kramer hat neben mehreren privaten Investoren den Unternehmer Michael Radomski mit an Bord. „Wir sehen uns nicht als Start-Up, sondern als Unternehmen, das auf langfristige Entwicklung setzt“, sagt Radomski, der in Düsseldorf mit UPLINK einen bundesweit tätigen Dienstleister für Antennentechnik aufgebaut hat.

Seit der Einführung der Verschreibungsfähigkeit von Cannabis sei der Markt stark gewachsen, sagt eine Sprecherin der AOK Rheinland/Hamburg. Von Januar bis September 2020 lag demnach der Brutto-Umsatz zulasten der gesetzlichen Krankenkassen bei 111,5 Millionen Euro. Auch die Apothekerkammer Westfalen-Lippe berichtet von steigenden Verordnungen und Umsätzen, finanziell beginnt eine Schmerztherapie bei monatlich 300 Euro. Beim Verband der gesetzlichen Krankenkassen heißt es jedoch kritisch, dass bei Cannabis anders als bei anderen Medikamenten nicht zuvor mit Studien nachgewiesen werden musste, dass es verlässlich und sicher wirkt.

Hohe Auflagen

HEYDAY, Cannamedical und weitere Player wie die kanadische Tilray mit Europazentrale in Neuss setzen darauf, dass sich das Geschäft in den kommenden Jahren zu einem Milliardenmarkt entwickelt. Doch weil in Deutschland der Anbau ähnlich strikt geregelt ist wie die Lagerung – Pflanzen müssen in geschlossenen Gebäuden mit Kunstlicht gezogen werden –, setzen die meisten Händler auf Bezugsquellen im Ausland. HEYDAY bezieht sein Cannabis derzeit aus den Niederlanden, wo der Anbau auch in Gewächshäusern erlaubt ist.

Heyday – der englische Name bedeutet auf Deutsch „Blütezeit“
HEYDAY – der englische Name bedeutet auf Deutsch „Blütezeit“
Quelle: AFP

Unternehmensidee durch erkrankte Großmutter

Doch die holländischen Kapazitäten sind begrenzt. Die Kölner Cannamedical bekommt ihren Rohstoff deshalb auch aus Portugal, Kanada und verstärkt aus Australien. Und auch HEYDAY lässt nun von einem Partner an der portugiesischen Algarve pflanzen und ernten, ab April werden die ersten Anlieferungen im noch recht leeren Bunker erwartet.

Dessen genauen Standort im Kreis Viersen möchte Vorstand Kramer nicht bekannt geben. Auch Cannamedical-Chef David Henn hält den genauen Lagerstandort geheim. Der 30-jährige Henn kam auf die Idee zur Unternehmensgründung, weil seine Großmutter an verschiedenen Krankheiten litt und starke Schmerzmittel nehmen musste. Mittlerweile beliefert Cannamedical nach eigenen Angaben mehr als 4000 Apotheken. Verkauften die Kölner im Vorjahr noch insgesamt 650 Kilo in Deutschland, waren es in den ersten beiden Monaten dieses Jahres bereits 250 Kilo. Geplant ist, in den nächsten Jahren jeweils bis zu zwei Tonnen an australischen Cannabis-Blüten zu importieren.

Die Ware der Kölner wird in einer nahen Kleinstadt unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen gelagert, um von dort aus ganz Deutschland zu beliefern. Denn auf dem Schwarzmarkt könnten Händler noch wesentlich mehr mit den Pflanzenprodukten verdienen als Großhändler und Apotheken. Dort wird ein Gramm medizinisches Cannabis derzeit mit etwa 20 Euro gehandelt.

Plantagen in Portugal

HEYDAY – der englische Name bedeutet auf Deutsch „Blütezeit“ – importiert derzeit monatlich drei bis vier Kilogramm Ware aus den Niederlanden. Die Kooperation mit den portugiesischen Cannabis-Bauern soll es möglich machen, diese Menge um ein Vielfaches zu steigern. „Wichtig war uns eine verlässliche Lieferfähigkeit“, sagt Kramer. Bei HEYDAY kümmert sich vor Ort eine Apothekerin um die Abläufe gemäß Arzneimittel- und Betäubungsmittelgesetz.

Legale Geschäfte mit der Hanfpflanze sind seit 2017 in Deutschland erlaubt
Legale Geschäfte mit der Hanfpflanze sind seit 2017 in Deutschland erlaubt
Quelle: HEYDAY AG

Kramer hatte nach einer Banklehre und einem Wirtschaftsstudium erste Berufserfahrungen bei einem Onlinehandel für Handwerker gesammelt. Als er 2017 erfuhr, dass sich auch in Deutschland ein Markt für den Handel mit medizinischem Cannabis auftat, entschloss er sich zur Selbstständigkeit. „2019 haben wir in Berlin gegründet“, erzählt der 36-Jährige. In Berlin arbeiten allerdings nur vier der bislang ein Dutzend HEYDAY-Mitarbeiter, die meisten seien wie er selbst in NRW tätig.

Kramer macht keinen Hehl daraus, dass er den Handel mit medizinischem Cannabis als Einstiegsphase betrachtet. Er hofft, dass Cannabis irgendwann legalisiert wird und „das Feierabendbier durch ein cannabishaltiges Getränk abgelöst werden könnte“. Dann nähme sein Geschäft so richtig Fahrt auf.

Quelle: https://www.welt.de/regionales/nrw/article227913179/Das-medizinische-Hanfgeschaeft-aus-NRW-waechst.html

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