Mit dem Inkrafttreten des „Cannabis-Gesetzes“ am 10. März 2017 ist Deutschland eines der ersten Länder Europas, in dem jeder Arzt für Humanmedizin Cannabis zu medizinischen Zwecken verordnen darf und die Gesetzlichen Krankenversicherungen unter Genehmigungsvorbehalt die Kosten übernehmen.
Cannabis ist der lateinische Name der Hanfpflanze. Die getrockneten Blüten und Blätter der weiblichen Cannabispflanze werden für medizinische Zwecke verwendet. Hauptbestandteile sind hier die Inhaltsstoffe Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). THC wirkt schmerzlindernd, entspannend und kann den Brechreiz dämpfen. CBD besitzt u.a. angstlösende und antientzündliche Eigenschaften und kann sich schützend auf Nervenzellen auswirken. Cannabisarzneien können sich in ihrem jeweiligen THC- und CBD-Gehalt unterscheiden.
Cannabis besitzt ein sehr breites therapeutisches Spektrum.
Etablierte Indikationen sind:
Die wissenschaftliche Datenlage verbessert sich zunehmend aber auch für andere Indikationen, wie:
Grundsätzlich kann Cannabis auf zwei verschiedene Arten eingenommen werden:
Welche Einnahmeart am geeignetsten ist, hängt vom Patientenwunsch, der Indikation und ggf. Begleiterkrankungen ab. Für viele Patienten kann eine kombinierte orale und inhalative Einnahme sinnvoll sein, um sowohl einen schnellen Wirkungseintritt als auch eine lange Wirkdauer zu erreichen.
Cannabis weist, verglichen mit anderen Arzneimitteln, ein relativ günstiges und mildes Nebenwirkungsprofil auf. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen Müdigkeit, Schwindel, Mundtrockenheit, Appetitsteigerung und Stimmungsschwankung. Selten kann sich die Herzfrequenz erhöhen oder der Blutdruck erniedrigen.
Bei regelmäßiger Einnahme tritt meistens eine Gewöhnung ein, so dass Cannabisarzneien allgemein als gut verträglich eingestuft werden.
Cannabis sollte bei dem Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsstörung, Psychose und schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Schwangeren und stillenden Müttern nicht angewandt werden. Bei Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen wird eine Therapiemöglichkeit individuell von dem behandelnden Arzt abgewogen.
Bislang ist kein Fall einer Cannabisabhängigkeit infolge einer ärztlich überwachten Therapie mit Cannabisarzneien bekannt. Bei einem sehr abrupten Therapieende können jedoch gering bis mäßig ausgeprägte Entzugssymptome auftreten.
Jeder Facharzt der Humanmedizin ist befugt Cannabisblüten- oder Extrakte zu verordnen. Eine spezielle Qualifikation ist nicht erforderlich. Zahn- oder Tierärzte sind nicht berechtigt, Cannabis zu verschreiben.
Bei welchen Erkrankungen Cannabis verordnet werden kann, wird gesetzlich nicht näher festgelegt. Es muss jedoch eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen, d.h. dass die Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigt ist oder die Krankheit als lebensbedrohlich eingestuft wird.
Manchmal wünschen Patienten und Patientinnen Behandlung mit Cannabis, aber der behandelnde Arzt oder die Ärztin lehnt eine solche Verordnung ab. Dies kann unterschiedliche Beweggründe haben.
Zum einen ist die wissenschaftliche Beweiskraft aufgrund der wenigen klinischen Studien für die meisten Indikationen noch gering, zum anderen ist der klinische Umgang aufgrund der kurzen Zulassungszeit je nach Schwerpunkt nicht immer ein Routineeinsatz. Zudem erfolgt die Verordnung nur in den Fällen, in denen sonstige Therapieoptionen ausgeschöpft sind. Voraussichtlich wird sich durch die erleichterte Verordnung seit 2017 die Datenlage sowie das Wissen der Ärzte über die Anwendung von Cannabis in den kommenden Jahren weiter verbessern.
Ein weiterer wichtiger Grund dafür, dass Ärzte und Ärztinnen einer Therapie mit Cannabis kritisch gegenüberstehen, ist die aufwendige Antragstellung für die Kostenübernahme durch die Gesetzlichen Krankenversicherungen. Hierbei können Sie als Patient Ihrem Arzt zuarbeiten, indem Sie bereits bei Ihrer Krankenversicherung nach dem Formular fragen und es, soweit für Sie möglich, bereits ausfüllen. Es müssen unter anderem Ihr Krankheitsverlauf, Vorerkrankungen und bereits durchgeführte Therapien eingetragen sein.
Natürlich besteht auch die Möglichkeit, sich eine zweite ärztliche Einschätzung einzuholen.
Cannabisarzneien fallen unter das Betäubungsmittelgesetz, sind verschreibungspflichtig und müssen vom Arzt auf einem speziellen BtM-Rezept verordnet werden, welches innerhalb von 7 Tagen in der Apotheke einzulösen ist.
Bei Erfüllung der folgenden Voraussetzungen haben gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse :
Patienten müssen zunächst in Zusammenarbeit mit Ihrem behandelnden Arzt einen Kostenübernahmeantrag bei der Krankenversicherung stellen. Der Arzt füllt dazu noch einen Fragebogen der Krankenkasse aus, in dem Fragen zu Ihrer Erkrankung, bisherigen Therapie etc. gestellt werden. Beim Antrag ist es sinnvoll, so genau wie möglich zu begründen, warum die Cannabistherapie für Sie notwendig ist.
Die Krankenkasse darf die Kostenübernahme nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen. Eine Entscheidung ist innerhalb von drei Wochen, bei Hinzuziehen des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) innerhalb von fünf Wochen zu treffen. Im Rahmen einer sog. SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung für Schwerstkranke) sowie bei einer stationären Verordnung beträgt die Genehmigungsfrist drei Tage.
Bei hohem Therapiedruck bietet es sich an, seinen Arzt oder seine Ärztin zunächst um ein Privatrezept für eine Cannabisverordnung zu bitten.
Bei privat versicherten Cannabis-Patienten erfolgt die Kostenerstattung unkomplizierter, da hier kein Genehmigungsvorbehalt wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Die Kosten für Cannabisarzneimittel werden den Musterbedingungen entsprechend erstattet. Demnach muss die Cannabistherapie medizinisch notwendig sein und eine ärztliche Verordnung vorliegen. Die medizinische Notwendigkeit muss jedoch wie auch bei den gesetzlich Versicherten genau begründet sein. Sinnvoll ist eine Anfrage der Kostenübernahme vor der erstmaligen Verordnung von Cannabis-Arzneimitteln.
Nein. Liegt bereits eine Kostenübernahme über Cannabisblüten vor, muss bei einem ärztlich verordneten Sortenwechsel kein neuer Antrag gestellt werden.
Cannabispatienten dürfen nach Angaben der Bundesregierung am Straßenverkehr teilnehmen, sofern sie aufgrund der Medikation nicht in ihrer Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sind. Für eine verantwortungsvolle Selbsteinschätzung ist es wichtig, vom verschreibenden Arzt über die möglichen Einschränkungen der Fahrtauglichkeit durch eine Cannabismedikation genauestens informiert worden zu sein.
In der Eingewöhnungsphase einer Cannabistherapie ist allerdings vom Führen eines Kraftfahrzeuges dringlichst abzuraten. Zu Beginn können Auswirkungen bzw. Nebenwirkungen der Medikation noch nicht ausreichend abgeschätzt werden.
Beim Führen eines Fahrzeugs ist es empfehlenswert einen entsprechenden Nachweis (z.B. Cannabisausweis) oder eine ärztliche Bescheinigung vorliegen zu haben.
Einen entsprechenden Ausweis können Sie z.B. hier anfordern.
https://www.arbeitsgemeinschaft-cannabis-medizin.de/cannabis-ausweis/
Hier ist entscheidend, wohin sie verreisen.
Wer innerhalb der Vertragsstaaten des Schengener Abkommens (alle Länder der Europäischen Union, außer Großbritannien, Zypern und Irland) den Tagesbedarf bestimmter Cannabismedikamente von bis zu 28 Tagen mitführen möchte, muss eine „Bescheinigung für das Mitführen von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung – Artikel 75 des Schengener Durchführungsabkommens“, vom Arzt ausgefüllt und von der zuständigen Gesundheitsbehörde beglaubigt, mit sich führen.
Sie können die Bescheinigung hier herunterladen.
Außerhalb des Schengenraumes muss der Arzt eine mehrsprachige Bescheinigung über Krankheit und Medikation ausstellen, welche an die zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde im Zielland oder eine von ihr beauftragten Stelle beglaubigt werden. Diese Bescheinigung soll während der Reise mitgeführt werden.
Sie können die Bescheinigung hier herunterladen.
Generell sollten Sie ausreichend Zeit für die Ausstellung des erforderlichen Formulars einplanen. Die Gültigkeit beträgt 30 Tage. Bei längeren Reisen benötigen Sie mehrere Dokumente.
Wichtig: Für jedes Betäubungsmittel ist eine eigene Bescheinigung erforderlich.
Um eine optimale Qualität zu bewahren, sollten Cannabisblüten trocken, kühl (unter 21°C) und dunkel aufbewahrt werden. In der Apotheke erhalten Sie dementsprechend ihre Cannabisblüten in einem undurchsichtigen Gefäß. Öffnen Sie dies nur zur Entnahme der benötigten Menge und lagern Sie es außerhalb der Reichweite von Kindern und Jugendlichen.